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Tod unter der Brücke – Ascari und Asunga sind nicht mehr

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Tod meiner Schildkröten

Wenn man eine Schildkröte kauft, dann nicht für den schnellen Spaß. Schildkröten sind die Methusalems unter den Haustieren – die Art von Lebewesen, die sich ein Mensch zulegt, wenn er bereit ist, eine lebenslange Verpflichtung einzugehen. Ein Schildkrötenhalter weiß: Die Viecher überleben mich vielleicht.

Ja. Vielleicht.

Nur eben nicht, wenn das Leben sich entscheidet, mit einem kranken Twist reinzuhauen. Und jetzt sitze ich hier, ohne meine beiden kleinen Brückenpenner, weil das Universum meinte: „Wie wär’s mit einem absurden Plot-Twist?“

Wenn aus Wärme ein Feuer wird

Schildkröten brauchen Wärme, also gibt man ihnen eine Wärmelampe. Ganz einfach. Funktioniert überall auf der Welt. Aber nicht bei mir.

Denn in meinem Fall hatte die Halterung der Lampe einen Produktionsfehler. Sie hat sich gelöst, ist ins Substrat geknallt, und zack – Feuer.

Ich hab’s erst nicht gecheckt. Habe seelenruhig gezockt, mich über irgendwas im Spiel aufgeregt, bis mein Hirn irgendwann meinte: „Komisch, riecht hier nach Rauch.“

Aber weil mein Hirn so funktioniert wie die meisten Gehirne – nämlich nach dem Prinzip wird schon nichts sein, bin ich nicht direkt losgerannt und hab Alarm geschlagen. Erst, als es nicht weniger wurde, hab ich angefangen, die Wohnung abzusuchen. Steckdosen? Okay. Küche? Nichts. Terrarium? Ach nee, warum sollte da was sein?

Und dann kam die Feuerwehr. Und dann kam die Wahrheit.

Zu heiß für eine zweite Chance

Als sie es gefunden haben, war es eigentlich schon vorbei. 235 Grad im Terrarium. Ein Schildkröten-Inferno, das kein Panzer der Welt aushält.

Ich hab sie rausgeholt, hab sie untersucht – keine Verbrennungen. Sie sind einfach erstickt. Wahrscheinlich schnell. Wahrscheinlich, ohne es richtig zu merken.

Und dann dieser Moment. Dieser gottverdammte Moment, in dem der Feuerwehrmann mich ansieht, sich keine zwei Sekunden Zeit nimmt und sagt:

„Hätte ja auch Sie treffen können. Seien Sie froh.“

Bruder. Ernsthaft? Zwei Sekunden nach diesem absoluten Horror-Szenario, in dem meine Mini-Brücken-Assis in Rauch aufgegangen sind, willst du mir sagen, dass ICH hier der Glückliche bin? Geil. Danke. Mega hilfreich.

Aber natürlich hatte er recht. Ich hätte auch draufgehen können. Die Lampe hätte theoretisch sonst wohin stürzen können. Aber das macht es nicht besser.

Warum das so scheiße ist

Ich hatte Ascari und Asunga noch nicht lange. Sie waren handtellergroß, noch Babys in Schildkrötenjahren. Kein bisschen weise, kein bisschen alt. Gerade erst aus der Hatchling-Phase raus und mitten dabei, die Welt zu entdecken – und dann nimmt ihnen ein verdammter Produktionsfehler jede Chance auf ein langes Leben.

Das ist das, was mich wirklich ankotzt. Schildkröten sind nicht wie Hunde oder Katzen. Man rechnet nicht mit einem kurzen Lebenszyklus. Man weiß, dass sie wachsen, dass sie Jahrzehnte an deiner Seite bleiben. Du richtest alles darauf aus, dass du sie so lange hast, dass du sie irgendwann vererben musst.

Und dann? Dann sind sie auf einmal nicht mehr da. Einfach weg. Nicht, weil es „die Zeit“ war. Nicht, weil eine Krankheit zugeschlagen hat. Sondern weil eine gottverdammte Halterung scheiße gebaut wurde.

Das ist, als würdest du einen Baum pflanzen und zwei Wochen später fällt ein Satellit drauf.

Brückenpenner im Eisfach

Und jetzt? Jetzt liegen sie in der Gefriertruhe, zwischen gefrorenem Gemüse, alten Pommes und – unter dem Kasseler.

Ja, genau. Kasseler. Der ironischerweise auch in Rauch hergestellt wurde. Und wenn das Leben einen Funken schwarzen Humor hat, dann liegt genau darin die Pointe: Meine beiden panzertragenden Mini-Punks, die sich wahrscheinlich ein Leben lang über meine Existenz als ihr untergeordneter Futterlieferant amüsiert hätten, enden jetzt unter einem Stück gepökeltem Schwein in einer Truhe voller Eis.

Ich weiß nicht, ob das die Art von Underground-Lifestyle ist, die sie sich gewünscht hätten. Aber für den Moment bleibt es so.

Nur, dass sie da nicht für immer bleiben.

Ich werde sie trocknen und in Epoxidharz eingießen. Nicht, weil ich mir meine eigene Jurassic-Park-Vitrine basteln will, sondern weil sie es verdient haben, nicht einfach zu verschwinden.

Sie waren kleine, unauffällige Geschöpfe mit großen Persönlichkeiten. Sie hatten ein Zuhause, sie hatten einen Platz unter meiner imaginären Brücke – und das bleibt.

Auf Wiedersehen, ihr kleinen Brücken-Punks

Also, Ascari. Also, Asunga. Wenn es irgendwo eine Brücke gibt, unter der verstorbene Schildkröten abhängen können, dann hoffe ich, dass ihr dort sitzt. Mit einem Bier in der Kralle, einem riesigen Salatblatt als Tischdecke und genau dem zufriedenen Blick, den ihr immer draufhattet, wenn ihr euren warmen Platz im Terrarium erobert habt.

Und wenn ich euch irgendwann wiedersehe – dann will ich keine Vorwürfe hören.

Na gut, vielleicht ein paar.

  • „Warum hast du uns nicht telepathisch gespürt, du Versager?“
  • „Was hat eigentlich so lange gedauert? Wir haben dir eindeutige Rauchzeichen geschickt!“
  • „Ganz ehrlich, wir hätten uns einen besseren Unterschlupf gewünscht als unter einem Kasseler. Du hättest uns wenigstens auf die gefrorenen Himbeeren legen können – Luxus geht anders, Alter.“
  • „Wie konntest du uns so lange unter diesen Instant-Pommes lassen?!“

Ja, ich höre es schon.

Macht’s gut, ihr zwei.

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