Kurze Einleitung: Diese Geschichte handelt ausnahmsweise einmal nicht von mir, sondern ist vollkommen anders. Es werden immer wieder neue Kapitel erscheinen.
Kapitel 1: Die neue Schule
Als Melina an diesem Morgen erwachte, spürte sie ein Unbehagen in sich aufsteigen, denn heute sollte ihr erster Schultag in einer neuen Schule sein. Melina war ein Mädchen im Alter von 14 Jahren und für alle in ihrem Umfeld ein absolutes Rätsel. Sie war eine absolute Außenseiterin – doch noch beängstigender war, dass sie kaum Gefühle empfand. Manchmal etwas Freude, wenn sie etwas bekam, was sie sich gewünscht hatte, oder ein wenig Liebe zu ihren Adoptiveltern. Das Beängstigende an ihrem Verhalten war jedoch diese unbändige, plötzlich auftauchende Wut, welche sich gegen alles richtete, was sich ihr in den Weg stellte. Solche Wutanfälle konnten bei Melina durchaus Minuten dauern.
Schon seit Jahren wurde das Mädchen von Psychiater zu Psychiater und von Therapeut zu Therapeut gereicht. Niemand wusste so genau, was sie hatte, die einzige feststehende Diagnose lautete Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen. Vor ein paar Wochen dann – es hatte wieder einmal einen Zwischenfall in der Schule gegeben, bei dem Melina drei ihrer Mitschüler verletzt hatte – wurde sie der Schule verwiesen. Dies traf sich jedoch in diesem Fall ziemlich gut, denn ihr Adoptivvater hatte eine neue Arbeitsstelle 500 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt erhalten, sodass ein Umzug bevorstand.
Also zogen sie um, und Melina sollte von diesem Tag an in eine Förderschule für Kinder mit sozialemotionalen Problemen gehen. Am liebsten wäre sie nie wieder zur Schule gegangen – doch es bestand schließlich Schulpflicht.
Genervt stieg sie in das Auto ihrer Mutter. „Ich wünsche dir alles Gute auf dieser neuen Schule“, sagte sie, bevor das Mädchen ausstieg. Melina nickte nur und ging in das Gebäude hinein. Sie holte ihren Plan aus dem Rucksack und schaute darin nach, in welche Klasse sie gehörte. Nach kurzer Zeit hatte sie es herausgefunden und betrat den Raum.
Das Erste, was ihr auffiel, waren die vergleichsweise wenigen Kinder in der Klasse. Sie zählte sie und kam auf eine Anzahl von zehn Kindern. Eine freundliche Lehrerin, welche sich mit Frau Steiner vorstellte, wies auf einen freien Platz. Melina setzte sich und betrachtete ihre Umgebung. Ihr gegenüber saß ein Junge, welcher sie nun mit seinen Blicken fixierte. „Ich bin Melina“, sagte sie nur knapp. „Kaspar“, antwortete der Junge.
Die Lehrerin wandte sich Melina zu. „Ich werde testen, wie viel Stoff du bereits beherrschst“, erklärte sie und legte ein Arbeitsblatt hin. Melina nickte – denn damit hatte sie kein Problem. Schon immer war sie äußerst begabt gewesen, sodass das Lernen ihr nicht die geringste Mühe bereitete.
Während sie an ihrem Arbeitsblatt arbeitete, spürte sie immer wieder Kaspars Blicke auf ihr. Nach kurzer Zeit wurde es ihr zu dumm. „Kannst du bitte woanders hinstarren, als dauernd zu mir?“, fuhr sie den Jungen gereizt an. Ein Grinsen wurde auf seinem Gesicht sichtbar – wollte er sie ärgern?
Melina spürte, wie diese Wut erneut in ihr aufstieg. Sie atmete einmal tief durch, wie sie es in der Therapie gelernt hatte, um sich zu beruhigen, da hörte sie es – eine dunkle Stimme in ihrem Geist. „Ich bin ein Dämon, solltest du wissen. Ich werde deine Macht nun freisetzen!“
Melina kniff die Augen zusammen. „Geh aus meinem Kopf, du Idiot!“, rief sie – doch die geistige Präsenz blieb. Plötzlich spürte sie etwas – eine dunkle Kraft, welche sich in ihrem Inneren ausbreitete. Die Wut, welche das Mädchen schon seit Minuten gespürt hatte, wurde übermächtig und entlud sich. Außerdem spürte sie noch etwas Anderes – es fühlte sich an wie die Energie der Menschen, welche sich in diesem Raum befanden.
Mit einem Satz sprang Melina auf und warf den Stuhl einer Mitschülerin um, dann rannte sie auf Kaspar zu und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Sie hatte das Gefühl, wie ferngesteuert zu sein – doch es störte sie nicht im Geringsten. Sie konnte die dunkle Energie des Jungen spüren und versuchte, diese in sich aufzunehmen – doch irgendetwas verhinderte dies.
Wieder hörte sie die Stimme in ihrem Kopf. „Geh zum Dach der Schule und spring.“ Obwohl sie sich der Stimme widersetzen wollte, taten ihre Beine das, was sie sagte. Am Dach angekommen, schaffte sie es, die Stimme von sich abzuschütteln. Schwer atmend stand sie für einen Moment alleine da – doch dann erschienen zwei Lehrer. Sie wollten sie vom Dach bringen, Melinas Pläne waren jedoch andere. Sie spürte die Lebensenergie der Lehrer – es war zu verlockend, sie zu entziehen. Also konzentrierte sie sich und begann damit, sie aufzusaugen.
Sie war fast damit fertig, als ein geflügeltes Wesen auf dem Dach erschien. Davon abgelenkt verlor sie die Konzentration und brach ihren Zauber ab. Plötzlich spürte sie wieder etwas in ihrem Geist – doch sie konnte die Stimme nicht abschütteln. „Du wirst nun in einen tiefen Schlaf fallen“, sagte ihr die Stimme, und sie war sich plötzlich sicher, dass diese dämonische Präsenz nicht zu ihrem neuen Mitschüler gehörte. Sie war nicht so böse. Melinas Gedanken fanden ein Ende, als der Zauber des Dämons zu wirken begann.
Als Melina erwachte, fand sie sich auf einem Bett wieder. Irgendwas stimmte jedoch nicht – denn das Bett fühlte sich unvertraut an. Erst als sie sich umgesehen hatte, realisierte sie, wo sie sich befand. Es war ein kleines Krankenzimmer, in welchem sich nur zwei Betten befanden. In einem davon lag sie gerade, und das zweite Bett schien für Fixierungen gedacht zu sein. Wände und Boden waren ausgepolstert, sodass man sich nicht verletzen konnte.
„Was mache ich hier?“, fragte sich Melina. Dann fiel ihr wieder ein, was geschehen war, und Angst stieg in ihr auf. Die Situation am Dach musste für die Lehrer so ausgesehen haben, als wollte sie sich umbringen, doch dies war nicht in ihrem Sinne gewesen.
Die Tür ging auf, und eine Krankenschwester kam herein. „Ich möchte sofort nach Hause!“, rief Melina. Die Frau lächelte kurz. „Tut mir leid, aber du wirst so schnell noch nicht nach Hause kommen. Du musst erst eine Therapie erhalten.“
Wieder spürte Melina es – die Lebensenergie der Krankenschwester war zum Greifen nahe. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie musste nur die Krankenschwester aus dem Weg schaffen, dann konnte ihr vielleicht die Flucht gelingen. Aber was, wenn dieses geflügelte Dämonenwesen noch immer in der Nähe war? Dann hatte sie nichts gewonnen.
Alles in Melina schrie nach Flucht, und sie hatte gar nicht gemerkt, wie sie vor Wut aufgesprungen und die Krankenschwester attackiert hatte. Starke Hände hielten Melina fest, und sie versuchte, sich loszureißen. Drei Krankenpfleger hatten Schwierigkeiten, sie zu bändigen – doch da betrat ein Mann mit weißem Kittel den Raum.
„Lasst mich mit ihr allein“, sagte er drängend. Die Pfleger wandten sich ihm zu und bedachten ihn mit skeptischen Blicken. „Ich habe gesagt, ihr sollt mich mit dem Mädchen alleine lassen.“ Die Stimme des Arztes wurde noch drängender, und plötzlich gingen die Pfleger aus dem Zimmer. Irgendetwas an der Stimme des Arztes kam Melina vertraut vor.
Bevor sie etwas sagen konnte, spürte sie etwas – Fesseln, welche sich um ihre Hand- und Fußgelenke legten. Sie schrie und versuchte sich zu befreien, doch diese Fesseln hielten. Sie konzentrierte sich, um die Lebensenergie des Dämons abzusaugen, spürte sie aber nicht mehr. Irgendetwas hatte ihre Kräfte blockiert. Im nächsten Moment spürte sie erneut seine geistige Präsenz, zusammen mit einer Ruhe, welche sich in ihr breitmachte. Melina versuchte sich dagegen zu wehren, doch die Müdigkeit übermannte sie erneut.
Dies war eine etwas andere Geschichte aus Rikas Gedankenwelt. Kapitel 2 folgt!