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Die unsichtbaren Gefährten, Kapitel 6

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Kapitel 6: Die Begegnung der besonderen Art

Am nächsten Nachmittag direkt nach der Schule ging Daria in den sogenannten Waldspielplatz, welcher für Kinder nahe ihres Hauses errichtet worden war und setzte sich auf eine Schaukel. Obwohl kaum Kinder da waren und ihr der Umstand, vollkommen alleine zu sein in Anbetracht des gestrigen Angriffs noch ein wenig Angst machte, wollte sie es sich nicht nehmen lassen, ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Ihr Kater Kian lag neben ihr im Gras, als würde er schlafen, doch von Zeit zu Zeit öffnete er seine Augen, um nach Feinden Ausschau zu halten. Nun wollte Daria ihr Versprechen einlösen und konzentrierte sich darauf, Aurika zu besuchen. Die Fee erwartete sie im Feenwald und strahlte sie an. „Endlich bist du da!“, rief Aurika und flog um sie herum. „Es tut mir Leid“, erklärte Daria, „aber ich muss mich auch um Eskara kümmern.“ Aurika seufzte. „Mir wäre lieber, du würdest dich nicht mit diesem Drachenpack herumschlagen müssen. Ich traue keinem Drachen!“ Daria spürte die Sorge ihrer Feenfreundin und lächelte beruhigend. „Er hat mich ausgewählt. Niemand wird mir hier etwas tun, Aurika.“ Die Fee nickte zwar, klang aber wenig überzeugt. „Lass mich dir den Wald zeigen“, schlug sie vor, und Daria folgte der Fee. Der Wald der Feen war wirklich atemberaubend schön. Die verschiedensten, fremdartigsten Pflanzen wuchsen hier, und es duftete herrlich. Die interessanteste Pflanze war kreisrund und die Blüte in ihrer Mitte leuchtete. „Diese Pflanze wird Feenlichtgewächs genannt“, erklärte die Fee. „Sie macht Feen etwas stärker. Es kommt zwar selten vor, aber manchmal müssen Feen mehr Kraft besitzen, um einen stärkeren Heil- oder Schutzzauber zu weben. Im Kampf sind Feen fast nie, da sie viel zu friedlich dafür sind, auch wenn ihre Feenmagie gut dafür geeignet wäre.“ Daria betrachtete weiterhin fasziniert die Pflanze, und da geschah etwas. Plötzlich spürte sie die Magie der Pflanze, sie rief förmlich nach Daria. Ohne darüber nachzudenken, streckte sie ihre geistige Hand aus und griff nach der Pflanze. „Nicht! Diese Pflanze ist nur für…“ Doch bevor Aurika ihren Satz beenden konnte, hatte Daria die Pflanze bereits im Mund. Sie schmeckte köstlich, und plötzlich spürte sie, wie etwas in ihr passierte. Eine weiße, intensiv leuchtende Magie begann, sich in ihr auszubreiten, und Aurikas überraschter Gesichtsausdruck zeigte, dass die Fee damit nicht gerechnet hatte. „Das ist… nicht möglich!“, stammelte sie. Daria sah ihre Freundin fragend an. „Du musst angeborene Feenmagie in dir tragen, sonst hätte diese Pflanze dich von innen heraus getötet. Nur Feen können diese Pflanze zu sich nehmen.“ Darias Augen wurden groß. „Ich muss dies mit den Ältesten besprechen“, erklärte Aurika, dann verschwand sie. Daria nahm um sich herum nichts mehr wahr und konnte nur diesen einen Gedanken denken. „Wie kann es sein, dass ich Feenmagie habe?“ „Führst du Selbstgespräche?“ Die Stimme eines Mannes ließ sie zusammenzucken, und als sie ihre Augen öffnete, sah sie einen hochgewachsenen jungen Mann vor ihr stehen, der höchstens 18 Jahre alt zu sein schien. Er starrte sie geradezu an, doch in seinem Gesicht war keinerlei Mimik zu lesen. Da Daria zu aufdringlichen Blickkontakt hasste, senkte sie den Blick. „Bitte hör auf, mich so anzustarren. Ich kann dies als Autistin gar nicht leiden“, erklärte sie. „Schön, dann sind wir ja zu zweit. Mein Name ist Ryan, und ich bin auch Autist. Ich bin neu in diese Gegend gezogen.“ „Daria“, stellte sich das Mädchen vor. „Wo wohnst du denn?“ Er zeigte in eine bestimmte Richtung, und Daria erkannte das Haus. Sie hatte den Bewohner dieses Hauses schon ein paar Tage nicht mehr gesehen, doch dieser hatte während der letzten Besuche bei Darias Mutter nichts von einem Umzug erzählt. Daria beschloss, darüber erst einmal nicht nachzudenken. „Was machst du denn auf dem Kinderspielplatz?“, fragte sie stattdessen. „Ich bin beim Laufen durch den Wald auf diesen Platz gestoßen und habe dich entdeckt. Ich dachte, hier kann ich vielleicht eine Bekanntschaft finden, obwohl ich als Autist nicht gerne soziale Interaktionen initiiere.“ Daria lachte. „Soziale Interaktionen sind manchmal schon anstrengend“, gab sie zu. „Ich mag sie trotzdem.“ „Du hast auch mehr Emotion als ich, das merke ich sofort an deiner Mimik, die sich immer wieder ändert. Ich habe gelernt, Mimik zu lesen, besitze selbst allerdings keine Gefühle.“ Darias Augen weiteten sich vor Staunen. „Du kannst nicht einmal Freude empfinden?“, fragte sie ihn, doch er schüttelte den Kopf. „Keine einzige Emotion. Manchmal sind sie kurz da, aber genau so schnell wieder weg.“ Daria stellte fest, dass sie diesen Jungen interessant fand und gerne öfter treffen und analysieren wollte. Ihr Kater ließ plötzlich ein lautes Fauchen los und stellte sich bedrohlich vor Ryan auf. „Kian, lass das! Was hast du denn?“ Daria stieg von der Schaukel ab und ging auf ihren Kater zu. Dann streichelte sie ihn sanft. „Bist du eifersüchtig auf Ryan?“, fragte sie lächelnd. „Ich traue diesem Jungen nicht“, erklang Kians Gedankenstimme. „Irgendetwas an ihm ist seltsam.“ Daria lachte. „Ach was, sei nicht so misstrauisch. Er hat nicht versucht mich zu vernichten wie die Burschen gestern.“ Kian seufzte. „Ich werde ihn immer im Auge behalten, wenn ihr euch trefft“, erklärte er, und das Mädchen nickte. „Das sollst du auch“, sagte sie, bevor sie sich wieder Ryan zuwandte. „Dein Kater kann mich nicht leiden, was?“, fragte dieser. Daria lächelte entschuldigend. „Tut mir Leid.“ „Braucht dir nicht Leid zu tun, ich mag Katzen ebensowenig wie Kian mich.“ Daria musste schmunzeln, denn solch ein ehrliches Wort konnte man meist nur von einem Autisten hören. Dann sah sie auf ihre Uhr. Es war genau 17:46 Uhr. „Ich muss nach Hause zum Abendessen“, erklärte sie. „Treffen wir uns bald wieder?“ „Wenn uns unsere Wege kreuzen, dann ganz sicher“, antwortete Ryan, dann verschwanden sie in verschiedene Richtungen.

Als Ryan im Haus angekommen war, welches er unerlaubt in Besitz genommen hatte, setzte er sich auf einen Stuhl, um seine Reise nochmal in Gedanken durchzugehen. Am nächsten Tag nach der Versammlung war er aufgebrochen und hatte sich der Fähigkeit der Portalmagie bedient, welche sein Dämon hatte. So konnte er sich in die Nähe des Waldes teleportieren, in dem die Zielperson lebte. Was nur Ryan und Tyran wussten, war, dass Ryan der einzige Auserwählte war, welcher seine Magie auch auf der Erde nutzen konnte. Seine Macht bestand darin, den Geist und Körper von anderen Lebewesen zu kontrollieren und sie willenlos zu machen. Diese Magie musste er entgegen seiner Prinzipien auch bei dem Bewohner des Hauses einsetzen, welcher hier lebte. Ryan stand auf und ging in das Schlafzimmer, wo der Mann auf seinem Bett schlief. Er hatte ihn schlafen geschickt, bevor er das Mädchen besucht hatte. Jetzt befahl er dem Körper und Geist des Mannes, zumindest so weit aufzuwachen, um bestimmte Tätigkeiten des Haushaltes verrichten zu können. Wenn sich Ryan schon einen Körper und Geist untertan gemacht hatte, so dachte er, wollte er auch etwas davon haben. Der willenlose Mann schlurfte in die Küche, um etwas Essbares zu kochen. Seine Augen waren zwar geöffnet, doch sein Blick ging durch alle hindurch. Willenlose konnten nicht kommunizieren, zumindest nicht, wenn es ihnen nicht befohlen wurde. Ryan setzte sich wieder hin und wartete geduldig auf das Essen, dann teilte er es auf zwei Teller auf. „Iss und trink etwas“, befahl er seinem Opfer, und so aßen sie schweigend ihre Mahlzeit. „Und jetzt gehe auf die Toillette.“ Ryan hatte sich angewöhnt, dies auch immer zu befehlen, da er schon mehrere Male den Unrat wegputzen musste, welchen sein Opfer im Schlaf hinterlassen hatte. Zuletzt gab er ihm noch den Befehl, sich in sein Bett zu legen und weiter zu schlafen. Danach legte sich Ryan selbst ins Bett und seufzte. „Der erste Schritt ist nun vollbracht“, sagte er zu Tyran. „Aber ich weiß nicht, wie wir weiter vorgehen sollen.“ „Ich werde mir etwas ausdenken“, erklärte der Dämon. Wir sollten erstmal nach getaner Arbeit Schlaf bekommen.“

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