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Die Greifenreiterin, Kapitel 2

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Kapitel 2: Die Reise ins Ungewisse

Als Xelia wieder erwachte, wollte sie sich verschlafen auf ihrem Bett aufrichten, doch als sie dies versuchte, bemerkte sie, dass sie auf etwas Beweglichem schlief. Dann fiel es ihr wieder ein, der Greif, welcher sie gerettet hatte.

„Du bist wieder wach!“, hörte sie die Stimme des Greifen in ihren Gedanken. Sie nickte und setzte sich auf dem Rücken des Greifen auf. „Du hast drei Tage geschlafen“, erklärte er ihr.

Xelia besah sich ihren Körper, da sie kaum noch Schmerz spüren konnte, und schnappte nach Luft. Ihre Brandwunden waren nur noch schwer zu sehen, und sie fragte sich, wie es dem Greif gehen mochte.

„Greifen und deren auserwählte Reiter haben gute Heilkräfte“, erklärte er. „Mir geht es gut.“

Tausend Fragen schwirrten Xelia durch den Kopf. Hatte er einen Namen? Wohin flogen sie?

„Du kannst mir die Fragen stellen, indem du dich auf meinen Geist konzentrierst und die Gedanken deutlich formulierst. Mein Name ist Tiran, und wir fliegen gerade zur Greifenreitergilde. Ich habe vor dir niemandem auf mich reiten lassen, solltest du wissen. Jedem Greifenreiteranwärter, der es versucht hat, habe ich die Hand abgebissen oder schlimmere Verletzungen zugefügt.“

Xelias Herz setzte einen Schlag aus. Hoffentlich würde er dies mit ihr nicht tun.

„Glaubst du wirklich, ich würde dir dies antun, da ich freiwillig den ganzen Weg zu dir geflogen und dich vor dem Dämonenreiter gerettet habe? Das ist für Greifen höchst unüblich. Sie fliegen nur auf Anordnung eines Greifenreiters, doch da ich ohnehin ein Einzelgänger bin, fiel das kaum auf. Ich möchte, dass wir einander vertrauen können, deshalb habe ich es dir erzählt. Du sollst alles wissen, wenn du auf mir reitest. Erst, wenn wir aneinander gebunden werden, entfaltet diese Verbindung unsere gesamte Kraft.“

Xelia nickte.

„Ich danke dir sehr, dass du mich gerettet hast und zur Gilde fliegst“, sagte sie und streichelte den Greifen.

„Nun, die Greifenreiter werden nicht erfreut sein, ein 16-jähriges Mädchen unter ihren Reihen zu haben, denn als Greifenreiter benötigt man viel Wissen und Verstand. Ich bin mir jedoch sicher, dass du viel davon hast. Du bist etwas Besonderes, Xelia. Sonst wäre ich nie zu dir gekommen.“

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Wie lang müssen wir noch fliegen?“, fragte sie.

„Wir sind bald da. Siehst du diese Lichtung in der Ferne?“ Er deutete nach Westen, und Xelia folgte seinem Blick. Zuerst entdeckte sie nichts, doch dann sah sie einen kleinen Teil der Lichtung.

„Greifen haben bessere Augen als ihr Menschen“, erklärte er.

Sie flogen noch einige Minuten schweigend, als sie zwei Greifen mit Reiter sahen.

„Das sind die Torwächter“, erklärte Tiran. Er flog auf das Tor zu, und als ein Wächter sah, dass er Xelia auf seinem Rücken trug, schnappte er panisch nach Luft. Er hob eine Hand, deutete auf den Tiran und machte Handzeichen.

„Setz sie lieber ganz schnell ab, bevor noch was geschieht“, sagte er.

Tiran aber flog einfach weiter. Die Greifen, auf welchen die Wächter saßen, flogen ein Stückchen vom Tor weg, scheinbar hatten sie begriffen, dass Tiran seiner Reiterin nichts zu Leide tun wollte.

Verdutzt ließen ihn die Wächter durch das Tor fliegen, bevor deren Greifen wieder ihre Posten bezogen.

Der Wald, welcher sich nun auftat, war riesig. Viele Greifen flogen umher, außerdem gab es ein Gehege.

„Wozu das Gehege?“, fragte Xelia.

„Hier leben die noch nicht vollkommen gezähmten Greifen. Sie würden sonst jeden angreifen, der sich ihnen nähert. Nur ich lebte nicht in solch einem Gehege, obwohl ich auch noch nicht gebunden und gezähmt war. Aber da ich sowieso nicht viel mit den anderen Greifen zu tun hatte und mich so weit wie möglich von Reitern fernhielt, war ich keine große Bedrohung für die Vereinigung.“

Xelia nickte und bestaunte weiterhin den Wald, während sie an den Gehegen vorbeiflogen.

Ein noch junges Exemplar eines Greifen betrachtete sie und versuchte, das Gehege zu verlassen.

„Ich will sie töten!“, rief er, doch Tiran warf ihm einen drohenden Blick zu.

„Junge Greifen können ihren Jagdinstinkt nur schwer unterdrücken“, erklärte Tiran.

„Ich habe es gehört. Er wollte mich töten.“

Xelia überlief ein Frösteln, und sie spürte Verwirrung in Tirans Gedanken.

„Du kannst die Stimmen der Greifen hören?“, fragte er.

Xelia wusste erst nicht, was sie sagen sollte, dann nickte sie.

„Zumindest diesen einen Greifen habe ich gehört.“

Der Greif sagte nichts mehr, bis ein Greifenreiter ihn aufhielt. Es war ebenfalls ein Wächter.

„Was sucht ihr im Waldabschnitt der Befehlshaberin unserer Vereinigung?“, fragte er.

Dann fiel sein Blick auf Xelia, und sein Ärger verwandelte sich in Erstaunen.

„Eine weitere Greifenreiterin? Wie kommt es? Die anderen Reiter sind mit den Bewerbern noch gar nicht zurück.“

Erst jetzt fiel ihm auf, dass kein anderer Greifenreiter den Greif führte, und sein Blick zeigte Irritation.

„Wie alt bist du?“

„16“, antwortete das Mädchen.

Der Mann runzelte die Stirn, zog sich jedoch mit seinem Greifen zurück und flog neben Tiran her.

Es dauerte nicht lange, da erreichten sie eine kleine Lichtung. Eine junge Frau saß dort auf einem Baumstamm, hatte die Augen geschlossen und die Hände gefaltet. Sie bemerkte jedoch die Greifen, und ein ärgerlicher Ausdruck trat in ihre Augen.

„Wer wagt es, mich jetzt zu…“ Weiter kam sie nicht, denn ihr Blick blieb an Tiran hängen, welcher noch immer Xelia auf dem Rücken trug.

Langsam landete er, und die Frau stand auf.

Xelia betrachtete sie etwas genauer. Mit ihrer Lederrüstung und ihrem Bogen, welchen sie in einem Gurt befestigt hatte und ihrem Auftreten wirkte sie respekteinflößend.

Als Tiran gelandet war, stieg Xelia ab und verneigte sich tief.

Erst jetzt erkannte sie, dass die Frau spitze Ohren hatte.

Mit ihren smaragdgrünen Augen fixierte sie Xelia einige Augenblicke.

„Du kannst eigentlich nicht viel älter als 16 sein“, stellte sie zutreffend fest.

„Wir nehmen eigentlich Anwärter erst ab 18 Jahren auf.“

„Erzähl ihr, was geschehen ist, mit dem Dämonenreiter“, ertönte Tirans Gedankenstimme, und Xelia gehorchte.

Für einen Moment wurde die Befehlshaberin etwas blass, fing sich aber gleich wieder.

„Wir werden es mit dir versuchen“, erklärte sie.

„Mein Name ist Elariel, und ich bin die Anführerin und Befehlshaberin hier.“

„Ich bin Xelia“, antwortete das Mädchen.

„Darf ich euch etwas fragen?“, fragte sie.

Elariel lächelte.

„Du musst nicht so förmlich mit mir sprechen. Wir Greifenreiter erweisen einander Respekt, indem wir uns so akzeptieren, wie wir sind und Befehle von mir oder anderen Greifenreitern befolgt werden. Bei uns geht es nicht um ein hohes Ansehen, wir sind alle gleich.“

Xelia lächelte.

„Bist du eine Elfe?“, fragte sie, und Elariel nickte.

„Ich bin die Letzte meiner Art und dazu bestimmt worden, die Greifenreiter anzuführen. Ich werde dir zeigen, wo du wohnen kannst, und in ein paar Tagen werden noch mehr Anwärter kommen. Wenn du dann noch immer Greifenreiterin werden willst, wirst du den Schwur der Greifenreiter sprechen.“

Sie nickte und folgte der Anführerin in ihr neues Zuhause.

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